Der Zauber des alten Arabiens
Im Sultanat Oman: Wüste, Märchenpaläste und singende Kamelen
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Syed Hamed Al Habashi kniet im Wohnzimmer auf einem hell gemusterten
Teppich. Seine zweijährige Tochter Asheera sitzt auf seinem Schoß, die großen
schwarzen Augen auf die seltsam gekleideten Besucher gerichtet. Die Klimaanlage
rauscht, unter der Decke summt ein Ventilator, die Luft ist schwer von
Weihrauch. Bis auf den Teppich, ein paar dicke Kissen und einer Koransure an der Wand
ist der Raum leer. Syeds Frau Raja bringt süßen Tee und parfümierten Kaffee,
der siebenjährige Sohn Orangen und Weintrauben.
Seit zwei Monaten fährt Syed Touristen mit dem Bus durch den Oman. Vier
Jahre hat er die Schule besucht, sechs Jahre war er bei der Armee, drei Jahre
arbeitete er als Mechaniker und zehn Jahre als Fahrer beim Ministerium für
Bildung und Erziehung. Sechs Jahre lang wartete er Wassertanks. „Ich bin ungefähr
37“, überschlägt Syed anhand seiner Biografie. Genau weiß er es nicht, denn
er kam nicht im Krankenhaus zur Welt, und auf dem Land seien Geburten damals
nicht gemeldet worden. Damals – das bedeutet im Oman immer: bevor Sultan
Qaboos 1970 sein Erbe antrat und das Land, in dem die Menschen kaum anders lebten
als alle Jahrhunderte zuvor, zu modernisieren begann.
Trotz blühenden Wohlstands und moderner Hotelanlagen an den 1700
Küstenkilometern ist das Sultanat am Indischen Ozean eine fremde und exotische Welt. Die
nagelneuen, meist leeren Asphaltpisten, die sich elegant durch weite Täler
schwingen, verleihen der Landschaft etwas Unwirkliches; es ist, als führe man durch
eine Filmkulisse: vorbei an Wüstenlandschaft und kauenden Kamelen, durch Oasen,
in denen weiße, niedrige Häuser im Schatten von Palmenhainen dösen. Im
Rückspiegel verschwinden Tankstellen und Moscheen. Auf den Märkten gibt es 40
Sorten Datteln. Die Männer tragen Dishdashas und Kappen, die Frauen Hosen zu
schwarzen Zelten und Schleiern...
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